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RhodomanologiaDas poetische Werk von Lorenz Rhodoman bis 1588
Dekorationselement: Rhodomans Hände schreiben auf einem Blatt Papier.

Beitragsgedicht zu Martin Mollers Esaiae Prophetae conciones

Lat.

A 4v Ad clarissi- An den hoch- mum virum et opti- berühmten Mann und heraus- mum poetam, doctrina vir- ragenden Dichter, den durch Gelehrsamkeit, tute ac studio verae pietatis excellentem D. Tugend und seine Bemühung um wahrhafte Frömmigkeit herausragenden Herrn Martinum Mollerum Reip(uplicae) Buxtehudanae Martin Moller, den höchst klugen Bürgermeister Consulem prudentissimum, Domi- der Stadt Buxtehude,1 seinen Patron Anm.:1Sein Epitaph von 1583 findet sich in der St.-Petri-Kirche in Buxtehude. num et fratrem suum pluri- und Bruder, dem er höchste mum colendum Verehrung schuldet 1 Dum me cum lepidis traducere tempus amicis‒‒|‒◡◡|‒||‒|‒◡◡||‒◡◡|‒‒ Während es mir beliebte, mit witzigen Freunden meine Zeit 2 iuvit, qua vitreas Vivera volvit aquas,‒‒|‒◡◡|‒||‒◡◡|‒◡◡|‒ zu verbringen dort, wo der Viver 2 seine gläsernen Fluten wälzt,3 Sim. (lat.) vitreas … volvit aquas] ~ Ov. am. 1,15,10 (rapidas Simois in mare volvet aquas); 3,6,8 (crassas gurgite volvis aquas)Anm.:2Der Viver ist der Buxtehuder Festungsgraben, der sich aus der Este speist. Die Contiones Esaiae wurde demnach Rhodoman überreicht, als er sich bei Freunden in Buxtehude aufhielt.3Das Wälzen der Fluten wird im Lateinischen durch eine auffällige Alliteration untermalt: vitreas Vivera volvit. [SW] 3 ecce tuum tradens mitis mihi Gratia carmen‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒||◡◡||‒◡◡|‒◡ siehe, da überbrachte mir eine freundliche Grazie Dein Gedicht 4 Hoc tibi sit certi pignus amoris!“, ait,‒◡◡|‒‒|‒||‒◡◡|‒◡◡|◡ und sagte: „Dies möge Dir ein Unterpfand sicherer Zuneigung sein.“ Sim. (lat.) hoc tibi sit certi pignus amoris] ~ Ov. ars 2,248 (hoc dominae c. p. a. erit) 5 et simul inspirans tacitos mihi molliter ignes‒◡◡|‒‒|‒||◡◡|‒||◡◡||‒◡◡|‒‒ Und zugleich hauchte sie mir sanft stilles Feuer ein 6 haud modice calidum fecit amore tui.‒◡◡|‒◡◡|‒||‒◡◡|‒◡◡|‒ und erwärmte mich nicht in geringem Maße durch die Zuneigung zu Dir. 7 quoque magis relego tua carmina nectare tincta,‒◡◡|‒||◡◡|‒||◡◡|‒◡◡||‒◡◡|‒◡ Und je mehr ich Deine von Nektar getränkten Gedichte durchlese, Sim. (lat.) nectare tincta] ~ Lucr. 6,971 (n. tinctus) 8 hoc maior fervet pectore flamma meo.‒‒|‒‒|‒||‒◡◡|‒◡◡|‒ um so mehr siedet in meiner Brust eine noch größere Flamme (der Zuneigung). 9 quae coeli tandem liquidas erupit in auras ‒‒|‒||‒|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒‒ Diese brach sich schließlich Bahn an die freie Luft des Himmels Sim. (lat.) liquidas erupit in auras] ~ Lucr. 5,212 (l. exsistere in a.); Ov. met. 12,525 (l. exire sub a.); Stat. silv. 1,3,60 (l. emergis in a.) 10 et dedit affectus haec documenta sui.‒◡◡|‒‒|‒||‒◡◡|‒◡◡|‒ und brachte dieses Dokument ihrer Zuneigung hervor. 11 adscribes igitur numero me certus eorum,‒‒|‒||◡◡|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒◡ Du wirst mich also zuversichtlich der Zahl derjenigen hinzurechnen dürfen, 12 ingenii qui te munera propter amant‒◡◡|‒‒|‒||‒◡◡|‒◡◡|‒ die Dich wegen der Gaben Deines Genies hochschätzen 13 et tua mirantur doctissima scripta, Voluptas ‒◡◡|‒‒|‒||‒|‒◡◡||‒◡◡|‒‒ und Deine hochgelehrten Schriften bewundern, an welchen die (personifizierte literarische) 14 in quibus ambrosias abluit ipsa manus.‒◡◡|‒◡◡|‒||‒◡◡|‒◡◡|‒ Lust ihre unsterblichen Hände abgestreift hat. 15 et quis non redamet? quis non veneretur et omni‒‒|‒||◡◡|‒||‒|‒||◡◡|‒◡◡|‒‒ Und wer würde Deine Liebe nicht erwidern? Wer würde Dich nicht verehren und mit 16 officii cultu demeruisse velit?‒◡◡|‒‒|‒||‒◡◡|‒◡◡|◡ jeglicher Art von pflichtgemäßer Verehrung sich um Dich verdient machen? 17 quem Musae Charitesque amplo dignantur honore ‒‒|‒||◡◡|‒‒|‒||‒|‒◡◡|‒◡ Die Musen und die Grazien halten Dich für gewaltiger Ehrung würdig Sim. (lat.) dignantur honore] = Ov. met. 13,949 18 et divi clarum nomen ad astra vehunt.‒‒|‒‒|‒||‒◡◡|‒◡◡|‒ und tragen den ruhmvollen Namen Deines göttlichen Genies zu den Sternen. 19 namque ego dum nostris recito tua carmina nymphis ,‒◡◡|‒||‒|‒||◡◡|‒||◡◡||‒◡◡|‒‒ Denn während ich Deine Gedichte unseren [den Lüneburger] Nymphen vorlas, Sim. (lat.) dum … carmina nymphis] ~ Ov. met. 11,153 (Pan ibi dum teneris iactat sua carmina nymphis) 20 Albovius leni quas pater amne fovet,‒◡◡|‒‒|‒||‒◡◡|‒◡◡|◡ welche Vater Ilmenau 4 in seinem sanften Gewässer birgt, Sim. (lat.) leni … amne] de iunctura cf. Sil. 8,180 (leni per valles volvitur amne)Anm.:4Da im Lateinischen alle Flussnamen männlich sind, ist die Verbindung „Vater Ilmenau“ aus lateinischer Sicht sinnvoll. Die Ilmenau (Albovius) fließt durch Lüneburg. 21 omnes in coetum subito coiere frequentem,‒‒|‒‒|‒||◡◡|‒||◡◡|‒◡◡|‒◡ kamen diese alle plötzlich in einer dichtgedrängten Versammlung zueinander 22 omnes ad sacros obstupuere modos.‒‒|‒‒|‒||‒◡◡|‒◡◡|‒ und gerieten alle in Verzückung bei deinen heiligen Weisen. 23 non erat ulla, tuae quae non ad dicta Camaenae ‒◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒‒ Und es war keine unter ihnen, die nicht bei den Worten Deiner Muse 24 plauderet, in laudes tota parata tuas.‒◡◡|‒‒|‒||‒◡◡|‒◡◡|‒ Beifall klatschte, ganz Deinem Lobpreis ergeben. 25 ipse manu mulcens propexam ad pectora barbam‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒‒|‒◡◡|‒◡ Sogar Vater Ilmenau, seinen bis zur Brust herabwallenden Bart streichelnd, Sim. (lat.) = Ov. fast. 1,259 26 haec pater e glauco fornice verba dabat:‒◡◡|‒‒|‒||‒◡◡|‒◡◡|◡ ließ folgende Worte aus seinem bläulichen Wassergewölbe hervortönen:5 Anm.:5Die Lobrede eines Flussgottes ist sonst besonders in Hochzeitsdichtungen geläufig. Hier könnte Rhodoman vielleicht auch Claudians Panegyricus auf Olybrius und Probinus im Kopf haben, der mit einem Auftritt des Tiberinus (= Tiber) endet. Bekanntschaft Rhodomans mit der Szene aus Claudians erstem Panegyricus scheint auch sein Arion zu belegen. Siehe Rhod. Arion 974‒979 ~ Claud. 1,263‒265. 27 „Macte animi, vates, quem non via trita poetis,‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒||◡◡||‒◡◡|‒‒ „Gesegnet ob Deiner Begabung, bist Du, o Poet, den nicht der von anderen Dichtern 28 ut caelo anteferas ista caduca, rapit.‒‒|‒◡◡|‒||‒◡◡|‒◡◡|◡ abgenutzte Weg antreibt, die irdischen Dinge dieser Welt dem Himmel vorzuziehen. 29 exhaustos alii terraque marique labores‒‒|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒◡◡|‒‒ Andere besingen zu Lande und zu Wasser aufgewandte Kriegsmühen (epischer Helden)6 Anm.:6Epische Dichtungen, wobei terraque marique die gattungsübliche Teilung in einen iliadischen und einen odysseischen Werkteil reflektiert. 30 Bellonae et Martis classica dira canunt.‒‒|‒‒|‒||‒◡◡|‒◡◡|‒ und die gräßlichen Trompeten des Kriegsgottes. 31 ille refert Veneris lusus et praelia amoris;‒◡◡|‒||◡◡|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒◡ Jener (andere) dagegen berichtet von den Spielen der Venus und den Kämpfen der Liebe;7 Anm.:7Die römische Liebeselegie in der gattungsüblichen Metaphorik der militia amoris. 32 hic iacit in placidos futile scomma viros.‒◡◡|‒◡◡|‒||‒◡◡|‒◡◡|‒ dieser wiederum schleudert fruchtlosen Spott gegen friedliche Leute.8 Anm.:8Epigrammatische bzw. satirische Literatur. 33 gesta ducum celebrant alii; quota portio turbae‒◡◡|‒||◡◡|‒||◡◡|‒||◡◡||‒◡◡|‒‒ Wieder andere feiern die Taten von leitenden Staatsleuten;9 doch ein wie kleiner Anteil der Sim. (lat.) quota portio] cf. Iuv. 3,61 (q. p. faecis Achaei)Anm.:9Wohl die spätantike, sich auf hohe Würdenträger richtende Panegyrik. 34 Aoniae famulam se probat esse Dei?‒◡◡|‒◡◡|‒||‒◡◡|‒◡◡|‒ Musenschar erweist sich als Diener Gottes? 35 omnibus humani nunc quaeritur aura favoris,‒◡◡|‒‒|‒||‒|‒◡◡||‒◡◡|‒◡ Alle suchen jetzt nur nach dem (schwachen) Lufthauch menschlicher Gunst, 36 sit velut humanum Musica vena bonum.‒◡◡|‒‒|‒||‒◡◡|‒◡◡|◡ ganz als ob die Musenader ein nur menschliches Gut sei. 37 sed diversa tibi ratio est, qui carminis usum‒‒|‒◡◡|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒◡ Aber Dein Räsonnement ist ganz anders: Du lehrst, dass der Gebrauch der Dichtung 38 reddendum Christi laudib(us) esse doces.‒‒|‒‒|‒||‒◡◡|‒◡◡|‒ in den Dienst des Lobes Christi zu stellen sei. 39 ergo gerant alii lauros, quas terra ministrat:‒◡◡|‒||◡◡|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒◡ Also mögen andere die Lorbeerkränze tragen, welche ihnen die Erde darreicht: Sim. (lat.) ergo gerant alii] cf. eadem sede Ov. epist. 13,82 (bella g. a.) 40 te manet in rutilo laurea digna polo.‒◡◡|‒◡◡|‒||‒◡◡|‒◡◡|‒ Auf Dich dagegen wartet der verdiente Lorbeer am strahlenden Himmel. 41 perge modo et sanctum Musae decus adsere Christo;‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒||◡◡||‒◡◡|‒‒ Mach nur weiter so und widme die heilige Musenzierde Christus; Sim. (lat.) perge modo et] = Verg. Aen. 1,401 42 hoc est ingenii nobilioris opus.‒‒|‒◡◡|‒||‒◡◡|‒◡◡|◡ das ist das Werk eines edleren Genies. 43 perge, Deo vates carissime, perge Camaenis ‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒◡◡||‒◡◡|‒‒ Fahre fort damit, Du von Gott hochgeschätzter Poet, fahre fort damit, durch Deine Musen 44 illustrare sacris condita verba libris.“‒‒|‒◡◡|‒||‒◡◡|‒◡◡|‒ die in den heiligen Büchern (der Bibel) geborgenen Worte zu beleuchten.“ 45 Sic ait, et viridi senior se condidit antro;‒◡◡|‒◡◡|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒‒ So sprach der alte Flussgott und verbarg sich in seiner grünlichen Grotte; Sim. (lat.) viridi … se condidit antro] ~ Lucan. 5,84 (sacris se condidit antris) 46 consequitur faustis vocibus uda cohors.‒◡◡|‒‒|‒||‒◡◡|‒◡◡|‒ seinen Worten folgte mit Gunstbekundungen die feuchte Schar (der Flussnymphen). 47 haec habui, tenero quae tecum ludere versu ‒◡◡|‒||◡◡|‒||‒|‒‒|‒◡◡|‒‒ Dies hatte ich, was in zarten Versen Dir spielerisch vorzutragen Sim. (lat.) ludere versu] = Verg. ecl. 6,1 48 Musa, tui et iussit me studiosus amor.‒◡◡|‒‒|‒||‒◡◡|‒◡◡|◡ mich die Muse und meine eifrige Zuneigung zu Dir anhielten. 49 tu, quas pro docto licuit nunc munere grates ‒‒|‒‒|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒‒ Du nimm, bitte, mit freundlichem Herzen den Dank entgegen, Sim. (lat.) pro docto … munere grates] cf. Mart. 12,9,3 (tanto pro munere grates) 50 reddere, non duro pectore, quaeso, cape,‒◡◡|‒‒|‒||‒◡◡|‒◡◡|◡ den ich für Dein gelehrtes Geschenk nun abstatten durfte, 51 quodque rei caput est, me caros inter amicos,‒◡◡|‒||◡◡|‒||‒|‒‒|‒◡◡|‒‒ und rechne mich in Zukunft immer, was die Hauptsache meines Anliegens ist, Sim. (lat.) inter amicos] cf. Hor. epist. 1,5,24 (fidos i. a.); Ov. Pont. 1,5,1 (tuos … non ultimus i. a.); Mart. 1,39,1 (raros inter numerandus amicos) 52 ut modo caepisti, postmodo semper habe,‒◡◡|‒‒|‒||‒◡◡|‒◡◡|‒ unter Deine teuren Freunde, wie Du es bereits (durch Dein Geschenk) begonnen hast,10 Sim. (lat.) semper habe] de clausula cf. Ov. epist. 18,216; Pont. 2,10,52 Anm.:10Ringkompositorischer Rückgriff auf V. 11f. 53 atque tuere meum solita bonitate Iacobum,‒◡◡|‒◡◡|‒||◡◡|‒||◡◡|‒◡◡|‒◡ und beschütze meinen lieben Jakob 11 mit Deiner gewohnten Güte, Anm.:11Vermutlich ein mit Rhodoman vertrauter Sohn (oder sonstiger Schützling) Mollers. 54 qui pars est animi non ita parva mei,‒‒|‒◡◡|‒||‒◡◡|‒◡◡|‒ der ein nicht zu geringer Teil meiner Seele ist; Sim. (lat.) pars est animi non ita parva mei] ~ Ov. Pont. 1,6,16 (magnaque pars animi consiliique mei) 55 utque diu patriae praesis et plurima Christo ‒◡◡|‒||◡◡|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒‒ und lebt (beide) lange wohl unter einem glücklichen Geschick, auf dass Du noch lange Deiner 56 grata canas, laeta sorte valete diu.‒◡◡|‒‒|‒||‒◡◡|‒◡◡|‒ Vaterstadt (als Bürgermeister) vorstehest und noch sehr vieles Christus Wohlgefälliges12 dichtest. Anm.:12Dass die Dichtung Gott gefällig zu sein hat, ist eines der wichtigsten poetologischen Postulate Rhodomans. M. Laurentius Rhodomannus Luneburgi V. Cal. Iun. anno 1580 Magister Lorenz Rhodoman in Lüneburg, am 28. Mai 1580
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