Aspastikon (Autobiographisches Gedicht über den Wechsel nach Stralsund)
Lat.
A 1r ΑΣΠΑΣΤΙΚΟΝ „Grußgedicht“ M. Laurentii des Magister Lorenz Rhodomani Rhodoman, P(oetae) Caes(arei) eines kaiserlich bekränzten Dichters, quo in welchem er Tyrigetiae, patriae suae Thüringen, seinem hochgeschätzten Vaterland, cariss(imae) patriaeque patribus, ill(ustrissimis) Saxoniae und den Vätern des Vaterlands, den berühmten Herren Herzögen ducibus dominis et nutritoribus clementiss(imis) von Sachsen und seinen höchst gnädigen Ernährern, ut et consiliariis prudentissimis et Acad(emiae) Salanae, wie auch deren höchst klugen Ratgebern und der Saale-Akademie [Jena], hospitae benignae, cum professoribus in ea clarissimis, seiner gütigen Gastgeberin, samt den hochberühmten Professoren an dieser, collegis honorandis, ac discipulis horum diligentiss(imis) seinen ehrenwerten Kollegen, und deren höchst gewissenhaften Schülern in Saxoniam, nutricem s(uam) antiquam, ad gymnasii bei seinem mit Hilfe Gottes und der Musen bevorstehenden Weggang nach Sachsen, seiner alten Nährerin, zum Zwecke des Rektorats in inclyta Stralsunda gubernationem über das Gymnasium im berühmten Stralsund Crit. (lat.) gubernatinonem ed. σὺν θεῷ καὶ Mούσαις abiturus valedixit seinen Abschiedsgruß entrichtete mense Didymone, anno Christi im Monat Didymon (?), im Jahre des Herrn MDIIC 1598 A 2r 1 Annus erat, Scythiae quo Moschicus ille tyrannus,‒◡◡|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡||‒◡◡|‒◡ Es war das Jahr, in welchem der in Moskau residierende Tyrann über die Skythen, Sim. (lat.) Annus erat] = Ov. fast. 3,121 2 Livonii populator agri, iam Marte subactus‒◡◡|‒||◡◡|‒◡◡|‒||‒||‒◡◡|‒◡ der Verwüster des livonischen Gebietes, bereits im Krieg geschlagen, Sim. (lat.) Livonii populator agri] cf. Sen. Ag. 832 (Arcadii populator agri) 3 morte (quod indignum) sicca descendit ad Orcum,‒◡◡|‒‒|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒◡ mittels eines unblutigen Todes (was schlecht zu ihm passt) in den Orkus herabstieg, 4 quando e SAXoniae gremio, quae grata benigne‒‒|‒◡◡|‒||◡◡|‒||‒||‒◡◡|‒‒ als mich THÜRINgen, mein Heimatland, freiwillig wegberief 5 per tria lustra meis concesserat ocia Musis ,‒◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒◡◡||‒◡◡|‒‒ aus dem Schoße SACHsens, welches gütig drei Jahrfünfte lang Sim. (lat.) ocia Musis] = Auson. protr. 7 ; Mos. 475; Claud. 17 (Theod.),66 6 TYRIgetum natale solum me sponte vocabat,‒◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒||‒||‒◡◡|‒◡ meinen Musen eine angenehme Ruhestätte geboten hatte, Sim. (lat.) natale solum] cf. Ov. met. 7,52; Stat. Theb. 8,320 et al. 7 ut CHRISTI praeco mystesque haec sacra colentum‒‒|‒||‒|‒||‒|‒‒||‒◡◡|‒◡ so dass ich Verkünder CHRISTI und Priester derer, die diese heilige Lehre verehrten, 8 artibus in logicis cultisque in moribus essem,‒◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒‒|‒◡◡|‒◡ in der wissenschaftlichen Kunst und in der Ausbildung der sittlichen Charaktere war 9 hic ubi VALCRODIUS dociles bene nutrit alumnos‒◡◡|‒◡◡|‒||◡◡|‒||◡◡||‒◡◡|‒‒ dort, wo der Wald von WALKENRIED seine gelehrigen Zöglinge gut erzieht 10 lucus ad HERCyniae praegnantia tesqua metallis.‒◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒◡◡||‒◡◡|‒‒ in der von Bergwerken ertragreichen Landschaft des HARzes. 11 quid facerem? huc patriae me amor, huc tractabat amicis‒◡◡|‒||◡◡|‒||◡◡|‒‒||‒◡◡|‒‒ Was hätte ich machen sollen? In die eine Richtung zog mich die Liebe zu meinem Vaterland, Sim. (lat.) quid facerem? huc patriae me amor] cf. Ov. trist. 1,3,49 (quid facerem? blando patriae retinebar amore) 12 SAXonia officiis, veluti patria altera dudum‒◡◡|‒◡◡|‒||◡◡|‒||◡◡|‒◡◡|‒◡ in die andere SACHsen mit seinen freundlichen Dienstleistungen, das ich schon lange wie mein zweites Vaterland 13 cognita. dumque haeret dubiae sententia mentis,‒◡◡|‒‒|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒◡ anerkannt hatte. Und während die Entscheidung meines zweifelnden Sinnes zögert, Sim. (lat.) dubiae sententia mentis] ~ Verg. Aen. 11,314 (d. s. menti) 14 sic tamen, ad patriae magis ut propendeat usum,‒◡◡|‒◡◡|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒◡ jedoch so, dass sie mehr dem Nutzen meines Vaterlandes zuneigte, 15 SAXonis, heroum genetrix Mavortia et artem‒◡◡|‒‒|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒◡ da zupfte mir SACHsen, die Mutter kriegerischer Helden, das jetzt auch Bildung 16 nunc Marti socians, blande mihi vellicat aurem.‒‒|‒||◡◡|‒||‒|‒||◡◡||‒◡◡|‒◡ zur Kriegskunst hinzufügt, sanft ans Ohr. Sim. (lat.) vellicat aurem] cf. Verg. ecl. 6,3sq. (aurem / vellit); cf. etiam Rhod. Coc.Ion. 1, 147 17 fallor, an hanc coram manifesta in luce tuebar?‒◡◡|‒||‒|‒||◡◡|‒‒|‒◡◡|‒◡ Täusche ich mich, oder sah ich dieses (Sachsen) vor meinen Augen in klarem Lichte? 18 dextra tenet gladium, clypeum fert laeva, coronam ‒◡◡|‒||◡◡|‒||◡◡|‒||‒||‒◡◡|‒◡ Seine Rechte hält das Schwert, die Linke trägt einen Schild, das Haupt eine Sim. (lat.)v. 18sq.: coronam / … turrigeram] cf. Ov. fast. 6,321 (turrigera frontem Cybele redimita corona) 19 vertex turrigeram; clypeum Gradivus honestat‒‒|‒◡◡|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒◡ turmtragende Krone; den Schild veredelt der Kriegsgott (Mars), 20 Oceanique potens deus et quae praesidet agris.‒◡◡|‒◡◡|‒||◡◡|‒||‒||‒◡◡|‒‒ der Gott, der Gewalt hat über das Meer [Neptun], und diejenige (Göttin), die über die Felder herrscht [Ceres]. 21 „sic me“, ait, „hinc properans vis linquere? tam cito nostri‒◡◡|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡||‒◡◡|‒‒ Sachsen sprach: „So willst Du mich also, von hier forteilend, verlassen? So schnell flieht 22 cura animo fugit? an meriti te nulla retardat‒◡◡|‒||◡◡|‒||◡◡|‒||‒||‒◡◡|‒◡ die Sorge um mich aus Deinem Sinn? Oder hält Dich überhaupt kein Dank für meine 23 gratia? quae claram duxi te ad principis arcem‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒◡ Verdienste zurück? Ich war die Instanz, die Dich zu einem berühmten Fürstenhof führte, 24 informare duces tenera iam pube vigentes,‒‒|‒◡◡|‒||◡◡|‒||‒||‒◡◡|‒‒ um dort die Jungfürsten zu erziehen, die bereits in ihrer zarten Jugend erblühten;1 Anm.:1Gemeint ist Rhodomans Zeit als Prinzenerzieher; zu diesem Lebensabschnitt vgl. Rhod. Biop. 192‒196 , die elegischen Dichtungen zwischen Rhodoman (Rhod, Rhod. Mau.) und Mauer sowie Rhodomans Brief an Joachim Westphal vom 11. Oktober 1570. 25 concordem iunxi nympham titulumque magistri,‒‒|‒||‒|‒||‒|‒||◡◡|‒◡◡|‒‒ ich war es, die Dir eine einträchtige Braut zuführte und den Titel eines Magisters 26 WARNUS ubi fundit sophias uberrimus undas‒◡◡|‒||‒|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒‒ dort, wo die WARNOW höchst ergiebig die Wogen der Weisheit strömen lässt 27 praeside CHYTRAEO, mihi qui decus adiicit ingens,‒◡◡|‒‒|‒||◡◡|‒||◡◡||‒◡◡|‒‒ unter dem Vorsitz des CHYTRAEUS, der mir gewaltige Zierde verleiht.2 Anm.:2Rhodomans Studienzeit an der Universität Rostock. Vgl. Rhod. Biop. 209‒224 . 28 et bis rectoris tribui tibi munus, ad undas‒‒|‒‒|‒||◡◡|‒||◡◡||‒◡◡|‒‒ Und zweimal gab ich Dir das Amt eines Rektors, einmal an den fischreichen 29 pisciferas SVERINAtum semel, inde vetustum‒◡◡|‒||‒|‒‒|‒||◡◡||‒◡◡|‒◡ Wogen der SCHWERINer, einmal im sehr alten LÜNEburg, Sim. (lat.) pisciferas] nl. A 2v 30 ad LUNAE, quod sal vena beat ubere, castrum.‒‒|‒||‒|‒||‒|‒||◡◡||‒◡◡|‒◡ welches Salz mit einer ergiebigen Ader bereichert. 31 ter quoque iucunda feci te prole parentem.‒◡◡|‒‒|‒||‒|‒||‒||‒◡◡|‒◡ Dreimal machte ich Dich auch durch angenehmen Nachwuchs zum Vater. Sim. (lat.) iucunda feci te prole parentem] ~ Verg. Aen. 1,75 (pulchra faciat te prole parentem) 32 plus maiusque darem, si non mihi raptus abires.‒‒|‒◡◡|‒||‒|‒||◡◡||‒◡◡|‒‒ Noch mehr und Größeres würde ich Dir geben, wenn Du mir nicht geraubt fortgingest. 33 perge tamen. quis enim fatis obsisteret? ast hoc ‒◡◡|‒||◡◡|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒◡ Aber nur zu! Wer könnte nämlich seinem Schicksal widerstehen? Aber dies 34 interea non vana tibi praenuncio vates:‒◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒‒ sage ich Dir inzwischen voraus als ein nicht irriger Seher: Sim. (lat.) vana … vates] cf. Sen. Tro. 37 (et vana vates ante Cassandram fui) 35 non tibi ter quinos Titanius exiget annos ‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒◡◡||‒◡◡|‒‒ Der Wagen des Sonnengottes wird Dir nicht dreimal fünf Jahre vollenden, Sim. (lat.) exiget annos] cf. Ov. met. 7,752 (exigit annos) 36 axis, ubi nostro reducem te climate sistam,‒◡◡|‒||‒|‒||◡◡|‒||‒||‒◡◡|‒◡ bevor ich Dich, wieder zurückgekehrt, in unsere Klimaregion zurückhole; Crit. (lat.) sistam ed.: an visam ? at cf. Verg. Aen. 2,620Sim. (lat.) reducem te climate sistam] cf. Verg. Aen. 2,620 (tutum patrio te limine sistam) 37 quod nihil impediet, vires modo Numina servent.“‒◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒||◡◡||‒◡◡|‒‒ dies wird keine Macht verhindern, wenn nur die Schicksalsgottheiten ihre Kraft bewahren.“ 38 haec effata oculis se subtrahit illa volentis‒‒|‒◡◡|‒||‒|‒◡◡||‒◡◡|‒◡ Dies sprach Sachsen aus und entzog sich meinen Augen, der ich meinerseits Sim. (lat.) haec effata] = Verg. Aen. 4,499 et al. 39 contra non vanas abitus exponere causas,‒‒|‒||‒|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒‒ die nicht unbedeutenden Gründe meines Weggehens ausführen wollte. Sim. (lat.) vanas … exponere causas] ~ Lucr. 3,316 (caecas e. c.) 40 inter quas magni prudentia GERSTENBERGI ‒‒|‒||‒|‒||‒|‒◡◡||‒‒|‒‒ Unter diesen Gründen versetzten vor allem die Klugheit des bedeutenden GERSTENBERGER3, Anm.:3Marcus Gerstenberger (1553‒1613), arbeitete zunächst als Kanzler für die Grafen von Hohnstein und erhielt in dieser Eigenschaft eine nur handschriftlich überlieferte Privatwidmung von Rhodomans Homerus confutatus. Siehe Rhod. Gerst. 41 me vocitans et doctiloqui vox fida NEANDRI ‒◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒||‒||‒◡◡|‒‒ der mich (nach Thüringen) rief, und die zuverlässige Stimme des gelehrten NEANDER, Sim. (lat.) doctiloqui … Neandri] cf. Rhod. It.Lips. 296 (doctiloquo … Neandro) 42 exhortans stimulos animo subiecit honestos,‒‒|‒||◡◡|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒‒ die mich ermunterte, meinem Herzen ehrenhafte Impulse zum Weggang; 43 qui patriae in primis natum se ad commoda norat.‒◡◡|‒‒|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒◡ und dies (mein Herz) wusste, dass es zu allererst zum Vorteil seines Vaterlands geboren war. 44 ergo Dei quoniam sic visa iubere voluntas,‒◡◡|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒◡◡|‒‒ Da also der Wille Gottes es so zu befehlen schien, 45 auferor in patriam. cupidis me Naiades ulnis ‒◡◡|‒◡◡|‒||◡◡|‒||‒||‒◡◡|‒‒ eile ich zurück in mein Vaterland. Die (thüringischen) Wassernymphen nehmen mich mit Sim. (lat.) cupidis … ulnis] cf. Ov. met. 11,63 (invenit Eurydicen cupidisque amplectitur ulnis) 46 excipiunt, lectosque omni de monte Napeae‒◡◡|‒||‒|‒‒|‒||‒|‒◡◡|‒‒ gierigen Umarmungen auf, und die Waldnymphen häufen mir Blüten auf, 47 Hercyniae accumulant flores texuntque corollas,‒◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒‒ die sie von jeglichem Berg des Harzes gesammelt haben, und weben mir Kränze. 48 perque annos, quot habent stellas vel habere putantur‒‒|‒||◡◡|‒||‒|‒||◡◡|‒◡◡|‒◡ Und ebenso viele Jahre lang, wieviel Sterne die Plejaden tatsächlich haben oder angeblich Crit. (lat.) quod ed. 49 Pleiades, erudio iuvenes doceoque popellum,‒◡◡|‒◡◡|‒||◡◡|‒||◡◡|‒◡◡|‒◡ haben sollen, erziehe ich die Jünglinge und unterweise das junge Volk, 50 non frustra: nec enim fructu labor ille carebat.‒‒|‒||◡◡|‒||‒|‒||◡◡||‒◡◡|‒◡ nicht ohne Erfolg: Denn jene Mühe blieb nicht ohne Frucht. 51 inde probata Deo, mortalibus apta ministros‒◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒◡◡||‒◡◡|‒‒ Von dieser Schule (in Walkenried) empfing das Gemeinwesen Diener, 52 qui dicant faciantque suos respublica ad usus‒‒|‒||◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒‒ die Gott Gefälliges und Menschen Nützliches reden und handeln sollen zu seinem Vorteil.4 Anm.:4Oft wiederholter Grundsatz von Rhodoman. Vgl. Rhod. Arion 66 ; Rhod. Tro.2 5 etc. 53 accepit. nam quid schola, quae pietatis et artis‒‒|‒||‒|‒||◡◡|‒||◡◡|‒◡◡|‒◡ Denn was ist eine Schule, die durch die Pflege von Frömmigkeit und Bildung 54 cultura viget? alveolus, qui examine crebro‒‒|‒||◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒‒ floriert? Eine Bienenwabe, die in dichtem Schwarm 55 mellificas passim volucres diffundit in agros,‒◡◡|‒||‒|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒‒ die honigschaffenden Flugwesen weithin in die Felder aussendet, Sim. (lat.) mellificas] vox rara, cf. Colum. 9,8,7 ; Coripp. Ioh. 7,339 56 ut vario succos carpant e germine et inde‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒◡ damit sie aus den verschiedenen Früchten den Saft absaugen und mit diesem Saft 57 ambrosio vacuas distendant nectare cellas.‒◡◡|‒||◡◡|‒||‒|‒‒||‒◡◡|‒‒ die leeren Zellen (der Wabe) durch ambrosischen Nektar ausdehnen.5 Sim. (lat.) vacuas distendant nectare cellas] ~ Verg. georg. 4,164 (liquido distendunt nectare cellas); Aen. 1,433 (dulci distendunt n. c.)Anm.:5Zum Bienenvergleich siehe auch Rhod. Protr. 122‒128 . Vgl. auch Gärtner 2017, 112‒114. 58 hic mihi Relligio doctis iurata Camaenis‒◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒‒ Hier (in Walkenried) diktierte mir die Religion, die sich mit den gelehrten Musen verschwor, 59 sacra Palaestinae dictavit carmina terrae,‒◡◡|‒‒|‒||‒|‒‒||‒◡◡|‒‒ das geheiligte Gedicht über das Land von Palästina,6 Anm.:61589 erschienenes Hauptwerk von Rhodoman. 60 extulit aetherias quae candida Fama per auras.‒◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒◡◡||‒◡◡|‒‒ welches die strahlende Göttin des Ruhmes (die Fama) durch die himmlischen Lüfte trug. 61 hic et Maeonidae radio contextus ARION‒‒|‒◡◡|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒‒ Hier erblickte auch der ARION, vom Spinnrocken Homers gewoben, 62 TROIAque cum THEBIS lucem conspexit et ARGO.‒◡◡|‒‒|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒‒ und (das Gedicht über) TROJA zusammen mit THEBEN das Licht (der Welt) und die ARGO [d.h. das Argonauten‑Gedicht] –7 Anm.:7Gemeint ist die 1588 unter Neanders Namen anonym veröffentlichte Sammlung Argonautica. Thebaica. Troica. Ilias parva. A 3r 63 caetera praetereo.sed me fatalis IENAM‒◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒◡ Alles übrige lasse ich beiseite. Aber dann brachte mich das Los des Schicksal 64 sors tulit. heroo nam sic de sanguine natis ‒◡◡|‒‒|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒‒ nach JENA. Denn so gefiel es den HERZÖGEN von SACHSEN, Sim. (lat.) de sanguine natis] ~ Ov. met. 4,786 (de s. natos); trist. 2,205 (de s. natum) 65 SAXONIAE placuit DUCIBUS, quos diligit altum‒◡◡|‒||◡◡|‒||◡◡|‒||‒||‒◡◡|‒◡ die von heroischem Blute stammten, welche die Frömmigkeit liebt, 66 ad caelum nitens Pietas. hic septima nobis‒‒|‒||‒|‒||◡◡|‒||‒||‒◡◡|‒‒ die zum hohen Himmel strebt. Hier (in Jena) vergeht mir 67 aestas decurrit, gnavae dum monstro iuventae,‒‒|‒‒|‒||‒|‒||‒||‒◡◡|‒‒ der siebente Sommer, während ich der eifrigen Jugend zeige, 68 Romanae et Graiae quae sit via recta loquelae‒‒|‒||‒|‒||‒|‒||◡◡||‒◡◡|‒‒ was der rechte Weg ist zur Quelle der römischen und griechischen Sprache 69 et Sophiae ad fontem, perque ocia condo libellos.‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒◡◡||‒◡◡|‒‒ wie auch der Weisheit, und in meiner Freizeit verfasse ich Bücher, 70 nam, DIODORE, mihi tua Bibliotheca Latino‒◡◡|‒◡◡|‒||◡◡|‒◡◡|‒◡◡|‒‒ Denn Deine Bibliothek, DIODOR, wird von mir in lateinischer Sprache 71 redditur eloquio, mihi versio prima COINTI ‒◡◡|‒◡◡|‒||◡◡|‒◡◡||‒◡◡|‒‒ wiedergegeben, und meine erste Übersetzung des QUINTUS von SMYRNA 72 SMYRNAEI nova fit lucemque, ut SICULUS, optat.‒‒|‒||◡◡|‒||‒|‒‒||‒◡◡|‒◡ wird von mir erneuert und drängt zum Licht – wie der SIZILIER (Diodor).8 Anm.:8Beide Werke erschienen erst 1604, als Rhodoman Professor in Wittenberg war, wurden aber von Rhodoman mit langem Vorlauf geplant, der immer wieder durch Schwierigkeiten mit Druckern behindert wurde. 73 doctrinae hic sacrae mysteria cuncta minutis‒‒|‒||‒|‒||‒|‒◡◡||‒◡◡|‒‒ Hier umfasste ich sämtliche Mysterien des heiligen Katechismus in kleinen 74 complexus summis, quas Numinis aura benigni‒‒|‒||‒|‒||‒|‒◡◡||‒◡◡|‒‒ Zusammenfassungen, welche der gütige Hauch des Heiligen Geistes 75 sanctior afflavit, Graiae Latiaeque Camaenae‒◡◡|‒‒|‒||‒|‒||◡◡|‒◡◡|‒‒ gesegnet hat, und ließ diese, bekleidet mit den Gewändern der griechischen 76 vestibus indutas iussi volitare per orbem.‒◡◡|‒‒|‒||‒|‒||◡◡|‒◡◡|‒◡ und lateinische Sprache, durch die Welt einherfliegen.9 Sim. (lat.) volitare per orbem] = Manil. 5,733 Anm.:9Gemeint sind die 1596 erschienenen Theologiae Christianae Tirocinia (Rhod. Tir.). 77 plura daturus eram. nam me praecone volebat‒◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒◡ Noch mehr war ich im Begriff zu produzieren. Denn durch mich als Verkündiger wollte 78 altius ad coelum GERMAnia tollere frontem.‒◡◡|‒‒|‒||‒|‒◡◡||‒◡◡|‒◡ DEUTSCHland seine Stirn höher zum Himmel emporheben.10 Anm.:10Gemeint ist Rhodomans Projekt einer Germanis. 79 non pecco, Nemesis, IOVAE si dona locarim,‒‒|‒||◡◡|‒||‒|‒||‒||‒◡◡|‒◡ Ich mache keinen Fehler, o rächende Göttin der Vergeltung, wenn ich die Geschenke GOTTES so zur Geltung bringe, 80 ut possim: nihil (heu!) notas supra arrogo vires.‒‒|‒||◡◡|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒‒ wie ich es vermöchte: Nichts (weh) beanspruche ich über die mir bekannten Kräfte hinaus. 81 excussit manibus calamum sed Daemonis ardens‒‒|‒||◡◡|‒||◡◡|‒||‒||‒◡◡|‒‒ Aber der brennende Hass eines Dämons11 gegen mich schlug den Griffel Anm.:11Vgl. auch Rhod. Coc.Ion. 1,20. Dagegen in einem Epigramm über das Scheitern der Germanis, welches dem Katechismus Rhodomans beigegeben ist, übernimmt der personifizierte Pthonos die Rolle des böswilligen Gegenspielers. 82 in me odium, primo quod me vexavit ab ortu:‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒‒ aus meinen Händen, der mich seit meiner frühesten Geburt quälte: 83 viva quod exemplis (si vis) documenta probabunt.‒◡◡|‒‒|‒||‒|‒||◡◡|‒◡◡|‒‒ Dies werden lebendige Beweise anhand von Beispielen (wenn Du es willst) beweisen. 84 laus tibi, CHRISTE: nihil valuit, nihil ille valebit.‒◡◡|‒◡◡|‒||◡◡|‒||◡◡||‒◡◡|‒◡ Lob sei Dir, CHRISTUS: Er (Satan) vermochte nichts, und er wird nichts vermögen. 85 non tamen impediit, fraudis tot retia tendens,‒◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒||‒||‒◡◡|‒‒ Dennoch verhinderte er nicht, obwohl er mir so viele Netze des Trugs spannte, Sim. (lat.) retia tendens] cf. eadem sede Ov. am. 1,8,69 (r. tendit); met. 8,331 (r. tendunt) et al. 86 quominus alticomans cingat mea tempora LAURUS,‒◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒||◡◡||‒◡◡|‒◡ dass in der Höhe grünender LORBEER meine Schläfen umwindet, Sim. (lat.) alticomans] nl. mea tempora laurus] = Ov. am. 2,12,1 87 agnoscit vatem dum me celebratque MELISSUS,‒‒|‒||‒|‒||‒|‒||◡◡|‒◡◡|‒◡ während mich MELISSUS als Poet anerkannte und feierte, 88 Romanae pater ille lyrae, GERMANUS Apollo,‒‒|‒||◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒‒ jener Vater der römischen Leier, der DEUTSCHE Apoll,12 Sim. (lat.) Romanae pater ille lyrae] cf. Hor. carm. 4,3,23 (Romanae fidicen lyrae)Anm.:12Rhodoman bezieht sich auf seine Dichterkrönung durch Paul Melissus Schede. 89 cui nunc accedit magni lux SCALIGER orbis.‒‒|‒‒|‒||‒|‒||‒||‒◡◡|‒◡ zu dem sich nun SCALIGER, der helle Lichtglanz des großen Erdkreises, gesellt. 90 nostraque, ut Hercyniae quondam per amoe〈n〉a, choreas‒◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒||◡◡|‒◡◡|‒‒ Und zu unseren Dichtungen führen auch jetzt, wie einstmals in der schönen Landschaft des Harzes, Crit. (lat.) amoea ed. 91 nunc etiam ducunt SALIDES ad carmina nymphae,‒◡◡|‒||‒|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒‒ die SAALE-Nymphen ihre Reigentänze auf, 92 Maeoniosque bibit, quisquis cupit, aure lepores.‒◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒||◡◡||‒◡◡|‒‒ und wer immer es wünscht, saugt die homerischen Anmut(meiner Gedichte) mit seinem Ohr auf. 93 mens erat hic, RUTAE sub odorae mitibus umbris,‒◡◡|‒||‒|‒||◡◡|‒‒||‒◡◡|‒‒ Meine Absicht war es hier, unter den milden Schatten der duftenden Bäume nahe der RODA,13 Anm.:13Fluss, der in Jena in die Saale mündet. 94 quicquid erat reliquum, placide traducere, vitae,‒◡◡|‒||◡◡|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒‒ alles, was mir an Lebenszeit noch verblieb, in Stille zu verbringen Crit. (lat.) placidae ed. 95 quaeque mihi dederant, absolvere texta, Camaenae.‒◡◡|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡||‒◡◡|‒‒ und die Gewebe, welche mir die Musen aufgetragen hatten, zu vollenden. A 3v 96 sed me alio mea fata trahunt. iam temporis hora est,‒◡◡|‒||◡◡|‒◡◡|‒||‒||‒◡◡|‒‒ Aber jetzt zieht mich das Schicksal anderswohin. Schon ist die Stunde der Zeit gekommen, 97 vaticinata pio quam SAXONIS ore canebat.‒◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒◡◡||‒◡◡|‒◡ welche einst SACHSEN aus mir verpflichtetem Munde verkündete. 98 BALTHIDOS extremis in finibus Amphitrites ‒◡◡|‒‒|‒||‒|‒◡◡||‒‒|‒‒ Im äußersten Bezirk des BALTISCHEN Meerbusens Sim. (lat.) Amphitrites] de clausula cf. Catull. 64,11; Ov. met. 1,14 et al.; cf. etiam Rhod. Arion 99. 291. 800 (Ἀμφιτρίτας) 99 urbs iacet, armigeros Herulos ubi RUGIA quondam‒◡◡|‒◡◡|‒||◡◡|‒||◡◡||‒◡◡|‒◡ liegt eine Stadt, wo RÜGEN einstmals die waffenführenden Heruler 100 exciit Ausoniae nimium Romaeque timendos,‒◡◡|‒◡◡|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒‒ in Bewegung setzte, die für Italien und Rom über die Maßen furchterregend waren, 101 haud lato disiuncta freto, quod nomen adoptat‒‒|‒‒|‒||◡◡|‒||‒||‒◡◡|‒◡ Rügen, das durch keine breite Meerenge getrennt ist, die ihrerseits den Namen (der Stadt) gibt 102 (SUNDA fretum prisco nam Teutonis ore vocatur),‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒◡◡||‒◡◡|‒◡ (denn „SUND“ wird eine Meerenge in der alten Sprache der Deutschen genannt); 103 armis, divitiis et civibus atque benigni‒‒|‒◡◡|‒||‒|‒◡◡||‒◡◡|‒‒ die Stadt (Stralsund) ragt durch Waffen, Reichtum, Bürger und die freundliche 104 commoditate loci praestans, POMERANIDOS astrum,‒◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒||◡◡|‒◡◡|‒◡ Bequemlichkeit ihrer Lage hervor, der Stern des POMMERSCHEN Landes, 105 cuius ob imperium quondam Neptunus et illi‒◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒‒ um dessen Herrschaft einstmals der Meeresgott Neptun und, mit jenem verbunden, 106 iuncta Ceres Mavorsque diu certamen habebant,‒◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒‒ die Landgöttin Ceres sowie der Kriegsgott Mars eine lange Auseinandersetzung hatten, 107 cum MUSIS PIETAS placido quod fine diremit.‒‒|‒||◡◡|‒||◡◡|‒||‒||‒◡◡|‒◡ welche die Göttin der FRÖMMIGKEIT mit den MUSEN durch eine friedliche Entscheidung schlichtete.14 Anm.:14Die Verse 98–107 über Stralsund haben noch lange nach Rhodomans Tod literarischen Nachhall gefunden: Sie werden (ohne Variante) 1744 in einem handschriftlichen Hymenaeus auf die Hochzeit zwischen Adolf Friedrich von Schleswig Holstein Gottorf (dem späteren König von Schweden) und Ulrike von Preussen (überliefert im Druck der BSB München eines anderen, deutschen Gedichts zu dieser Hochzeit, VD18 90418646) von dem Stralsunder Rektor Adolf Gideon Bartholdi zitiert. Sie werden eingeleitet innerhalb einer Apostrophe an Strahlsund mit folgenden Worten: Ille tuus quondam Rhodomanus, Apolline dignus / Vates, ore potens Graio pariterque Latino, / Gloria quanta ferat te sursum, Sundia, laudat und abgeschlossen mit Sic cecinit vates, tua quondam gloria, Sunda, / Laudes et nomen memorabile gentis et urbis. 108 huc vocor, ut sanctis doceam cum moribus arteis‒◡◡|‒||‒|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒‒ Hierher werde ich nun berufen, um neben frommer Gesinnung die Künste 109 et linguas, sine quis ecclesia lumine cassa est.‒‒|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡||‒◡◡|‒‒ und die Sprachen zu unterrichten, ohne welche eine Kirchengemeinde ihres Lichtes beraubt ist. 110 quid renuisse iuvat? patrum consensus et una‒◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒◡ Was freut es da abzulehnen? Die übereinstimmende Meinung der Stadtväter und zugleich 111 mens populi, quin et tenerae pia vota cohortis‒◡◡|‒||‒|‒||◡◡|‒||◡◡||‒◡◡|‒◡ der Wille des Volkes, und ferner auch der fromme Wunsch der jungen Schülerschaft 112 me sibi deposcunt, doceat qui rite, magistrum.‒◡◡|‒‒|‒||◡◡|‒||‒||‒◡◡|‒◡ verlangen nach mir als ihrem Lehrer, der sie gebührend unterweisen soll. 113 obsequor ergo DEO, sortem qui temperat istam,‒◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒||‒||‒◡◡|‒◡ Und so gehorche ich also GOTT, der dieses Los bestimmt, 114 meque bonis trado, mihi qui sua pignora tradunt‒◡◡|‒||‒|‒||◡◡|‒||◡◡||‒◡◡|‒‒ und vertraue mich den guten (Stralsundern) an, die mir ihre Kinder anvertrauen 115 et bene degendae spondent accommoda vitae.‒◡◡|‒‒|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒‒ und mir angemessene Gaben versprechen, mein Leben angemessen zu fristen. Sim. (lat.) accommoda vitae] = Cypr. Gall. exod. 565 ; deut. 55 ; vide etiam Rhod. Coc.Ion. 1, 218 116 CHRISTE, fave ceptis: feret hinc tua gloria fructum.‒◡◡|‒||‒|‒||◡◡|‒||◡◡||‒◡◡|‒◡ CHRISTUS, begünstige meine Vorhaben: Davon wird Dein Ruhm die Frucht tragen. Sim. (lat.) Christe, fave ceptis] ~ Lucan. 1,200 ; 8,322 (Roma, fave coeptis) 117 nunc mea TYRIgetis, patria o carissima, salve ‒◡◡|‒◡◡|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒‒ Nun sei gegrüßt, mein THÜRINgen, hochgeschätztes Vaterland, Sim. (lat.)v. 117sq.: salve / aeternumque vale] cf. Verg. Aen. 11,97sq. (salve aeternum mihi, maxime Palla, / aeternumque vale) 118 aeternumque vale! tu das mihi gentis honestae,‒‒|‒◡◡|‒||‒|‒||◡◡||‒◡◡|‒‒ und lebe auf ewig wohl! Du gibst mir Vorfahren von anständiger, 119 quamvis haud clarae, proavos, quique inde creati‒‒|‒‒|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒‒ obwohl nicht berühmter, Abstammung, die von dort ihre Herkunft ableiten 120 in gremioque tuo sancte post fata quiescunt,‒◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒‒ und in Deinem Schoß mit Anstand nach ihrem Tode ruhen, Sim. (lat.) post fata quiescunt] cf. eadem sede Ov. am. 1,15,39 (de Livore: post fata quiescit) 121 das mihi patronos orbo, das inde magistros,‒◡◡|‒‒|‒||‒|‒||‒||‒◡◡|‒‒ Du gibst mir, dem Waisen, Beschützer, dann gibst Du mir Lehrer, 122 das alimenta inopi, das denique munus honestum.‒◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒◡◡||‒◡◡|‒◡ Du gibst mir, dem Mittellosen, Nahrung, und Du gibst mir schließlich ein anständiges Amt. 123 sis felix: te Mars numquam devastet et ardens‒‒|‒||‒|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒‒ Mögest Du glücklich sein; so möge Dich niemals der Krieg verwüsten und die brennende Sim. (lat.) sis felix] = Verg. Aen. 1,330; Stat. silv. 2,2,107 et al. 124 Vulcani furor et saevae contagio pestis.‒‒|‒||◡◡|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒◡ Wut des Feuergottes und die Befleckung der grausamen Pest. Sim. (lat.) saevae contagio pestis] cf. Rhod. It.Lips. 370 (saevae contagia lurida pestis) 125 perpetuo gravida tibi messe exuberet arvum,‒◡◡|‒||◡◡|‒||◡◡|‒‒|‒◡◡|‒◡ Möge Dir für alle Zeiten Deine Flur in reifer Ernte erblühen, 126 dulce fluens plenis spumet vindemia labris,‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒‒ möge Deine Weinlese, süß überströmend, aus vollen Keltern schäumen, Sim. (lat.) plenis spumet vindemia labris] ~ Verg. georg. 2,6 (spumat plenis vindemia labris); cf. etiam Rhod. It.Lips. 5 (calcata novo spumat vindemia musto) 127 innumerosque edas, per quos tua gloria crescat.‒◡◡|‒‒|‒||‒|‒||◡◡||‒◡◡|‒◡ und mögest Du unzählige Nachkommen hervorbringen, durch die Dein Ruhm wachsen soll. 128 iam vos, o PATRES PATRIAE, qua, quaeso, per altum‒‒|‒||‒|‒||◡◡|‒||‒||‒◡◡|‒◡ Und jetzt: mit welchem Lobpreis soll ich Euch, Ihr VÄTER DES VATERLANDS, hoch durch A 4r 129 aethera laude veham? grates quas solvere tantis‒◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒||‒||‒◡◡|‒‒ den Himmel geleiten? Welchen Dank soll ich Euch zollen für so gewaltige 130 pro meritis? nostros superant haec ardua versus.‒◡◡|‒||‒|‒||◡◡|‒||‒||‒◡◡|‒‒ Verdienste? Diese Schwierigkeiten übertreffen die Kraft meiner Verse. 131 praemia et hic et ibi vobis DEUS aequa rependat.‒◡◡|‒||◡◡|‒||‒|‒||◡◡||‒◡◡|‒◡ Möge sowohl hier (auf Erden) als auch dort (im Himmel) Euch GOTT gerechte Belohnungen verleihen. 132 vobis sceptrigeri magis accumulentur honores‒‒|‒◡◡|‒||◡◡|‒◡◡|‒◡◡|‒‒ Mögen zeptertragende Ehren mehr und mehr über Euch Sim. (lat.) sceptrigeri] de epitheto cf. Homer. 8 (sceptriger Atrides); Sil. 16,244 (sceptrigero cum rege) 133 et magis: omnigenum vos copia larga bonorum‒◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒◡◡||‒◡◡|‒◡ gehäuft werden; möge eine gewaltige Menge von Gütern jeglicher Art 134 ditet et in serum CHRISTUS vos sospitet aevum.‒◡◡|‒‒|‒||‒|‒||‒||‒◡◡|‒◡ Euch bereichern und möge CHRISTUS Euch bis ins hohe Alter am Leben halten. 135 quorum cultor ero, donec mihi vita manebit.‒‒|‒◡◡|‒||‒|‒||◡◡||‒◡◡|‒◡ Ich werde Euer ergebener Diener sein, solange mir das Leben erhalten bleibt. Sim. (lat.) donec mihi vita manebit] = Ov. Ib. 41 136 vos, qui consiliis tantas solertibus aulas‒‒|‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒‒ Ihr, die Ihr durch Eure kundigen Ratschläge so gewaltige Höfe 137 ad iussum Themidos regitis, qui dura levatis‒‒|‒||◡◡|‒||◡◡|‒||‒||‒◡◡|‒◡ nach den Weisungen der Göttin der Gesetze lenkt, die Ihr die harten Lasten (der Regierung) 138 pondera SAXONIAE DUCIBUS: vos dia serenet‒◡◡|‒◡◡|‒||◡◡|‒||‒||‒◡◡|‒◡ erleichtert für die HERZÖGE VON SACHSEN: Möge Euch die göttliche PALLAS [Athene/Minvera] 139 PALLAS et in recto bene ducat tramite VIRTUS‒◡◡|‒‒|‒||◡◡|‒‒||‒◡◡|‒‒ erheitern und die TUGEND auf rechtem Pfad gut leiten 140 et PIETAS vobis, quae sint prosperrima, donet.‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒◡ und die FRÖMMIGKEIT Euch die denkbar günstigsten Gaben schenken. 141 inter et hos, fidum DUCIBUS quem fecit Achaten‒◡◡|‒||‒|‒||◡◡|‒||‒||‒◡◡|‒‒ Und im Kreise dieser Persönlichkeiten möge DICH, GERSTENBERGER, 142 alma DEI bonitas, TE, GERSTENBERGE, coronet‒◡◡|‒||◡◡|‒||‒|‒‒|‒◡◡|‒◡ den die nährende Güte GOTTES zu einem treuen Achates15 für die FÜRSTEN machte, Anm.:15Gefährte des Aeneas, hier Chiffre für treuen Begleiter. 143 omne bonum. nam tu, coelo quod maximus Atlas,‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒||‒||‒◡◡|‒‒ jegliches Gut bekränzen. Denn Du vollbringst für die Erde jetzt das, Sim. (lat.) maximus Atlas] = Verg. Aen. 4,481 et al. 144 iam terrae praestas longoque hinc tempore praestes.‒‒|‒||‒|‒||‒|‒‒||‒◡◡|‒‒ was der gewaltige Atlas für den Himmel vollbringt – und mögest Du es von jetzt an noch für lange Zeit vollbringen. 145 si te non omni venerabor honore, patronum‒‒|‒||‒|‒||◡◡|‒◡◡|‒◡◡|‒◡ Wenn ich Dich nicht mit jeglicher Ehre honoriere, wie es sich gegenüber einem herausragenden 146 ut decet eximium, cito vita hos exuat artus.‒◡◡|‒◡◡|‒||◡◡|‒‒||‒◡◡|‒‒ Patron gehört, so möge das Leben sogleich diese meine Glieder verlassen. Sim. (lat.) exuat artus] cf. eadem sede Ov. met. 9,268 (mortales Tirynthius exuit artus) 147 nunc tu, IENA, mihi nimium dilecta, supremum ‒‒|‒◡◡|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒◡ Jetzt habe Du, JENA, von mir über die Maßen geliebt, die letzte Sim. (lat.)v. 147sq.: supremum / … munus] de iunctura cf. Ov. met. 10,134 148 vatis habe munus, si fors nihil amplius addam.‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒||◡◡||‒◡◡|‒◡ Gabe Deines Poeten, wenn ich denn etwa nichts weiter hinzufügen werde. Sim. (lat.) habe munus] cf. Ov. ars 1,557 (Bacchus Ariadnae dicit: munus habe caelum) 149 feci, quod potui, facturus plura: sed obstat‒‒|‒||◡◡|‒||‒|‒‒||‒◡◡|‒◡ Ich habe getan, was ich konnte, in der Absicht, noch mehr zu tun; aber meinem Wunsche 150 invida sors cupido. tibi sit vigor iste perennis,‒◡◡|‒||◡◡|‒||◡◡|‒||◡◡||‒◡◡|‒◡ steht das neidische Geschick im Wege. Möge dir für alle Zeiten diese Frische bleiben, 151 quem tibi cum MUSIS PIETAS indulget et ardens‒◡◡|‒‒|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒‒ welche Dir die FRÖMMIGKEIT zusammen mit den MUSEN verleiht und die brennende 152 SAXonidum virtus, te postera laudet ut aetas.‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒◡◡||‒◡◡|‒‒ Tugend der SACHsen, auf dass Dich die späteren Generationen noch loben. Sim. (lat.) postera … aetas] cf. sensu contrario Hor. epist. 2,1,42 (postera respuat aetas) 153 et vos, COLLEGAE, quorum mihi candor amorem‒‒|‒‒|‒||‒|‒||◡◡||‒◡◡|‒◡ Und Ihr, KOLLEGEN, deren Freimut mir Eure treue Zuneigung 154 testatur fidum studiisque est cognita virtus,‒‒|‒||‒|‒||◡◡|‒‒||‒◡◡|‒‒ bezeugt und deren Tüchtigkeit mir bekannt ist durch Eure Mühen, Sim. (lat.) cognita virtus] = Paneg. in Mess. 1 et al. 155 vos pubes veneretur, amet celebretque per orbem‒‒|‒||◡◡|‒◡◡|‒||◡◡|‒◡◡|‒◡ möge Euch die Jugend verehren, lieben und preisen überall auf der Welt, 156 spectatos meritis, vestro dum se ore propaget‒‒|‒||◡◡|‒||‒|‒||‒||‒◡◡|‒◡ die ihr bewährt seid durch Eure Verdienste, solange sich nur durch Euren Mund fortpflanze 157 cum MUSIS PIETAS, cum morum examine VIRTUS.‒‒|‒||◡◡|‒||‒|‒‒|‒◡◡|‒‒ die FRÖMMIGKEIT zusammen mit den MUSEN und die TUGEND zusammen mit der wägenden Moral. 158 tu quoque SALANI pubes studiosa Lycei,‒◡◡|‒‒|‒||‒|‒||◡◡|‒◡◡|‒‒ Auch Dir, eifrig bemühte Jugend des SAALE-Lyzeums, 159 quod mihi praestiteris meritum reverenter honorem,‒◡◡|‒◡◡|‒||◡◡|‒||◡◡|‒◡◡|‒◡ erwidere ich Deine Zuneigung, da Du mir respektvoll die verdiente Ehre erwiesen hast, A 4v 160 te redamo et dignam refero tibi carmine laudem.‒◡◡|‒||‒|‒||◡◡|‒||◡◡||‒◡◡|‒◡ und statte Dir verdientes Lob durch mein Gedicht ab. Sim. (lat.) carmine laudem] cf. eadem sede Verg. Aen. 8,287 (carmine laudes) et al. 161 te DEUS et MUSAE decorent, ut cultibus aucta‒◡◡|‒||‒|‒||◡◡|‒||‒||‒◡◡|‒◡ Mögen GOTT und die MUSEN Dich auszeichnen, damit das Gemeinwesen, 162 ingenii et morum et (Charis haec est tertia) linguae‒◡◡|‒||‒|‒||◡◡|‒||‒||‒◡◡|‒‒ gefördert durch die Bildung Deines Intellekts und Deiner Sitten und Deiner Sprachfertigkeit (das ist die dritte Grazie), Sim. (lat.) de re cf. Rhod. Tro.2 20 (καρπὸν ἐπιστήμης τε καὶ ἤθεος ἠδὲ καὶ αὐδῆς) 163 optatum de te capiat respublica fructum.‒‒|‒||‒|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒◡ die erhoffte Frucht von Dir ernten möge. 164 terra vale, schola docta vale, salvete benigni‒◡◡|‒||◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒‒ Leb wohl, mein Land, leb wohl, meine gelehrte Schule, seid gegrüßt, Ihr gütigen Sim. (lat.) terra vale] = Ov. met. 13,948 165 o DOMINI, salvete pii cum pube magistri‒◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒‒ LANDESHERREN, seid gegrüßt, Ihr frommen Lehrer mitsamt der Jugend 166 atque valete diu.nunc tu, carissima nutrix,‒◡◡|‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒‒ und lebet wohl für lange Zeit! Und nun: SEI DU GEGRÜSST, hochgeschätzte Nährerin. 167 SAXONIS, O SALVE. tibi ME, tibi reddo, quod in ME est.‒◡◡|‒||‒|‒||◡◡|‒||◡◡||‒◡◡|‒‒ SACHSEN. Dir gebe ich MICH zurück; Dir gebe ich, was (an Stärke) in MIR liegt. 168 nunc, quos trado tibi, complectere, SUNDA, penates‒‒|‒◡◡|‒||‒|‒◡◡||‒◡◡|‒‒ Nun nimm auf, STRALSUND, den Hausstand, den ich Dir übergebe, 169 meque meamque fidem simul accipe, fida quod optas,‒◡◡|‒◡◡|‒||◡◡|‒◡◡||‒◡◡|‒‒ und nimm mich und meine Treue zugleich bei Dir auf, was Du Dir in Deiner Treue wünschst, Crit. (lat.) fidae ed. 170 cumque fide, studii quicquid tibi reddere possim‒◡◡|‒||◡◡|‒||◡◡|‒||‒||‒◡◡|‒◡ und nebst meiner Treue auch alles, was ich Dir an bemühtem Studium 171 enixi, seros duret quod ad usque nepotes.‒‒|‒||‒|‒||‒|‒||◡◡|‒◡◡|‒‒ geben kann, was bis zu unseren Enkeln hin Bestand haben möge. Sim. (lat.) seros … ad usque nepotes] cf. Stat. Theb. 1,185 (seros dimisit a. u. n.) 172 salve: te DOMINI favor o beet, ampliet, ornet‒‒|‒||◡◡|‒||◡◡|‒||◡◡||‒◡◡|‒◡ Sei gegrüßt. Möge Dich die Gunst des HIMMLISCHEN HERRN nunmehr in ihrer Lebendigkeit 173 iam spirans, Scythias et noxia pellat ad oras.‒‒|‒||◡◡|‒||‒|‒◡◡||‒◡◡|‒‒ beglücken, bereichern und segnen sowie alles Schädliche bis an die Küsten der Skythen vertreiben. Crit. (lat.)an Scythi〈c〉as ? 174 urbs opibus crescat, Prudentia iusta senatum‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒◡◡||‒◡◡|‒◡ Möge die Stadt in ihrem Reichtum wachsen, möge gerechte Klugheit ihren Senat 175 condecoret, Virtus cum Relligione modestos‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒◡◡|‒‒ schmücken, möge die Tugend zusammen mit der Gottesfurcht ihre bescheidenen 176 contineat cives.et vos, duo lumina SUNDAE,‒◡◡|‒||‒|‒||‒|‒||◡◡||‒◡◡|‒‒ Bürger beschützen. Und Ihr beiden Glanzlichter von STRALSUND, 177 SLYSSELBURGE, DEI qui fidus ovile gubernas,‒‒|‒◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒◡◡|‒‒ SCHLÜSSELBURG,16 der Du zuverlässig die Herde GOTTES lenkst, Anm.:16Conrad Schlüsselburg (1543‒1619), ab 1594 Oberpfarrer in Stralsund, maßgebend beteiligt an der Berufung Rhodomans auf das Rektorat in Stralsund. 1594 schrieb Rhodoman ihm ein Gratulationsgedicht zur Doktorpromotion (Rhod. Schluss.). Im Jahr 1604 widmete Rhodoman Schlüsselburgs Predigtsammlung Postilla Das ist Außlegung der Episteln unnd Evangelien … ein längeres lateinisches Beitragsgedicht (Rhod. Schluss.Post.). 178 et DOMANE, Themis quo praeside, Musa patrono‒‒|‒◡◡|‒||‒|‒◡◡||‒◡◡|‒‒ und Du, DOMANN,17 unter dessen Vorsitz die Göttin des Rechts und unter dessen Schutz die Muse Anm.:17Johannes Domann (1564‒1618), bedeutender Vertreter der Hanse, seit 1592 2. Syndikus in Stralsund, 1596 Subsyndikus und 1598 Syndikus. 179 iudiciis doctisque operis bene temperat urbem,‒◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒||◡◡||‒◡◡|‒◡ mit ihren Urteilen bzw. mit ihren gelehrten Werken die Stadt trefflich organisiert, 180 vos quoque, consortes operum quos spero fideles,‒◡◡|‒‒|‒||◡◡|‒||‒||‒◡◡|‒‒ und auch (Ihr Kollegen), die ich mir als treue Teilhaber an meinen Werken erhoffe, 181 vosque alii salvete DEO, salvete Camoenis‒◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒||‒|‒◡◡|‒‒ und Ihr anderen, seid gegrüßt von Gott, seid gegrüßt von den Musen 182 AC MIHI. FUNDEMUS TERRAM, PLANTEMUS OLYMPUM.‒◡◡|‒‒|‒||‒|‒||‒|‒◡◡|‒◡ UND VON MIR. LASST UNS DIE ERDE BEBAUEN, JEDOCH DEN HIMMEL BEPFLANZEN! FINIS ENDE